Juni 22 in Otterlo

Ich fahre wieder los nach NL; drei Tage später als geplant. Leider ist unsere liebe Tosca gestorben und da Antonio in den Ferien ist, wollte ich Rossolino nicht allzu lange alleine lassen. Nun bleibt sie drei Tage alleine zuhause, da muss sie durch … und wir auch …

Nachdem Montag und Dienstag noch gefüllt waren mit Hufschmied und Formalitäten (Tierarzt) für Pablo, geht es also am Mittwoch endlich los. Der Volvo ist gecheckt, der Hänger frisch ab MFK, und ich etwas aufgeregt, eine so lange Reise mit Pony hintendran unter die Räder zu nehmen. Allerdings freue ich mich auch sehr darauf, dass Pablo in Otterlo zu seinem Kumpel Dark auf die grosse Weide gehen darf.

Nach 10 langen Stunden Fahrt mit viel Stau und gottseidank nicht so heissem Wetter kommen wir gegen Abend heil in Otterlo an. Pablo war die ganze Fahrt über so brav, allerdings hat er wenig gefressen und nichts getrunken. Wir bringen ihn grad mal zu Dark auf die Weide. Dark und er kennen sich sofort wieder und sind sofort wieder ein Herz. Harry und Indy lernt Pablo dann am nächsten Tag kennen, und nach 10 Minuten beschnuppern ist schon Ruhe in der Herde. Wie schön! Vor allem, wenn ich daran denke, wie sehr Pablo in der Herde in Rodersdorf gekämpft hat und immer wieder alleine rumstand und nicht zu den Fressraufen kam. Auch beim Arbeiten auf dem Plätzli macht er supermotiviert mit, es macht riesig Spass mit ihm. 

 

Ich selber darf mich für die nächsten Tage wieder in der Trekkershut installieren und stelle natürlich sofort den «Schreibtisch» wieder vor das Fenster, von wo ich die Kühe sehen kann. Alle sind noch da, und es sind weitere dazu gekommen, viele Kälber.

Im Stall hat es neu ganz viele Schafe und Geissen gegeben, die stehen gegenüber den Pferdeboxen. Lustigerweise finden die Pferde diese Tiere ganz spannend und haben null Angst davor. Sandor findet sie ebenfalls extrem spannend, er rennt ständig der Absperrung entlang hin und her, als müsste er sie zusammentreiben. Er nervt etwas mit seinem Gerenne und dies wird auch nicht besser, ich muss ihn auch nach Wochen immer noch ganz deutlich ins Platz schicken, wenn wir in den Stall kommen. Er tut den Kleinen zwar nichts, er schleckt sie nur ab, trotzdem, er ist total aus dem Häuschen und völlig übertourt.
Nach einigen Tagen kommen nebst dem weissen nochmals zwei Geissli auf die Welt, dieses Mal sind es lustige, braune Zwillinge. Es ist wunderschön, diesen jungen Tieren beim Grosswerden und Rumspielen zuzuschauen und das Misten dauert jetzt jeweils sicher 20-30 Minuten länger, da ich es geniesse, einfach dazu stehen und all den Tieren zuzuschauen. Besser wie jeder Kinofilm!

 

Schon am nächsten Tag kommt Antonio zu Besuch und wir verbringen ein paar Tage gemeinsam in Otterlo. Wir geniessen einen langen Spaziergang mit den Pferden, halten uns viel im Stall auf bei den Geissen und Schafen und verpassen nur ganz knapp die Geburt eines kleinen Geisslein. Jesses wie süss! Als wir vom Spaziergang zurückkommen, liegt es mitten in der Herde, noch nass von der Geburt. Es ist eine Überraschung, mit der niemand gerechnet hat. Marco trennt Mutter und Junges von der Herde ab und die beiden können nun in Ruhe fressen und schlafen.

Wir lassen es uns zudem gut gehen in einem Restaurant, in dem wir nach gut holländischer Manier viel zu viel Essen erhalten und nehmen es ansonsten recht gemütlich.

 

Die nächsten Tage verbringe ich damit, mich einzugewöhnen, die Pferde zu beobachten und zu betüdeln, sie zu versorgen, misten, abwaschen, seifelen … insbesondere Pablo reagiert wieder auf irgendwas, schon seit längerem, und kratzt sich andauernd die Schweifrübe sowie den Mähnenkamm wund. Die Mähne schneide ich kurzerhand ab, nun hat er eine Stehmähne. Sieht herzig aus und ist besser auszuwaschen. Die «Seifen-Kur» wirkt nach einigen Tagen und das Jucken wird minder, bin ich froh. Nun hoffe ich einfach, dass es über den Sommer anhält, wenn ich nicht da bin, so dass sowohl Dark wie auch Pablo Mähnen und Schweif behalten und diese nicht abraspeln.

Die Mittagsspaziergänge sind etwas weniger geworden, ich gehe jetzt meistens über den Mittag auf die Weide, um die Bollen einzusammeln. Gibt mir gutes Muskeltraining, ich kann bei den Pferden sein und sie beobachten und Sandor ist auch immer dabei und kommt zu seinem Steckenspiel. Und die Weide bleibt sauberer, klar sind sie riesengross, mit 4 Pferden ständig auf der Weide ist auch diese jedoch irgendwann etwas «übermistet». Der hintere Teil ist noch abgesperrt, da dort geheut wird und danach auch noch geemdet.

Das Wetter ist grösstenteils superschön, richtig angenehm: strahlend blauer Himmel, Sonne, jedoch noch nicht allzu heiss. Einmal jedoch da kommt so richtiger Wolkenbruch und ich kann endlich mal das Wohnwagen-Gemütlich-Drinnen-Feeling geniessen. Ich sitze vor dem Fenster und schaue staunend in den Regen, während ich die Pferde sicher drinnen weiss. Auch die Kühe dürfen in den schützenden Unterstand, und so geniesse ich einfach die Aussicht und das Prasseln des Regens auf dem Dach.
Sandor geniesst es auch, er ist in der Hütte immer ganz nah bei mir, auch auf der Weide zum Abbollen ist er dabei und auf den Spaziergängen findet er natürlich sofort alle Tümpel, um seine Schwimmrunden zu ziehen. Er geht schon voll freiwillig ins tiefe Wasser und scheint keine Angst mehr vor dem Schwimmen zu haben. 

 

Ab dem 9. Bis zum 12. Juni muss ich die Trekkershütte räumen und kann noch nicht ins Haus, deshalb mache ich einen Ausflug ans Meer. Ich habe zuerst eine Unterkunft in der Nähe gesucht, um bei den Pferden zu bleiben, mir jedoch dann gesagt: ich nütze jetzt mal die Gelegenheit für einen Ausflug ans Meer. Da wollte ich schon lange mal hin. Ich habe eine kleine Trekkershut in Breezand gefunden, schlussendlich stellt es sich dann aber eher nur ein zusammen geschustertes Zimmer in der Scheune auf einem Camping heraus. Obwohl ich sonst ein absoluter Glückspilz bin, ist diese Unterkunft ein absoluter Fehlgriff und trübt etwas die Freude am Ausflug. Und bestätigt mir einmal mehr: ich bin kein Campingtyp!! Ich hasse es, wenn ich in diese Gemeinschaftsduschen und -Toiletten gehen muss, fühle mich ständig beobachtet von den anderen Campern und das Zimmer selber hatte doch einige Mängel. So konnte man z.B. die Fenster NICHT aufmachen (geht ja gar nicht), es hatte nur eine kleine Lichtquelle weit weg von Eingang und Bett, und das Schlimmste: keine Kaffeemaschine.

Also machte ich mich jeweils am Morgen auf an das Meer und gönnte mir als Erstes einen Kaffee und Kuchen als Frühstück. Am ersten Tag besuchte ich den Küstenabschnitt bei Julianadorp, ging dem Strand entlang noch etwas laufen, machte dann einen Ausflug mit dem Auto durch die Gegend und staunte ab den riiiiesigen Blumenfeldern dort. Das ist offenbar die Gegend der Blumenzüchter, diese Blumenzwiebeln werden dann in die ganze Welt verschickt. Das Wetter war genial, sehr windig zwar, jedoch angenehm zum Spazieren. Ich habe einen grossen Spaziergang der Küste entlang und dann übers Land wieder zurück gemacht, vorbei an einem der ältesten und höchsten Leuchttürme von Europa.

Am zweiten Tag besuchte ich die Küste von Den Helder und habe dann auch einen Ausflug in die kleine Stadt gemacht. Es war etwas schwierig für lange Besichtigungen, da ich Sandor nicht allzu lange im Auto lassen wollte, es wurde doch bereits viel zu heiss für ihn im Auto. Zwar habe ich eine Parkgarage gefunden, da war es aushaltbar. Den Helder ist nicht sehr gross und so war ich auch schnell «durch», gerne hätte ich noch das Marinemuesum besucht, dafür war ich dann allerdings zu spät. Schade, ein ander Mal dann gerne! In den Helder war «Tag der Musik» und an jeder Ecke spielte eine Band oder ein DJ – und so gesellig dies auch ist, mir wurde es schnell zu laut. Also zurück auf den Campingplatz und ran an den PC, es wartete eh noch ein Meeting auf mich. 

 

Am Montag ging es dann wieder zurück nach Otterlo und dann konnte ich auch in «mein» Häuschen einziehen. Im Kühlschrank warteten zwei Schoko-Muffins, selbstgebacken von Willemiek, aus Eiern vom Hofhuhn – es fühlte sich an wie nach Hause kommen. Als erstes habe ich mir natürlich einen starken Kaffee aufgesetzt und die Muffins genossen und die Pferde, Geissen, Schafe, Kühe, Kälber, die Katze und das Huhn ausgiebig begrüsst.

Die Tage hier vergehen viel zu schnell, sie unterscheiden sich nicht gross voneinander. Ich arbeite viel am PC und wenn ich eine kreative Pause brauche, gehe auf die Weide zu den Pferden und sammle die Bollen ein. Somit ist der Hund bewegt, ich bewegt und das Hirn ausgelüftet 😊.

Wenn ich im Stall bin, verbringe ich auch viel Zeit mit den jungen Geisslein. Es sind ja "nur" noch die beiden Geissenmütter mit ihren Jungen im Stall, das weisse und die braunen Zwillinge, sowie die Schafmutter mit ihrem blinden Jungen. Alle anderen Schafe und Geissen durften auf die Weide zu den Ponys und sind seitdem Tag und Nacht draussen, geniessen das Weiden- und das Herdenleben. Wunderbar!

Und so habe ich natürlich Zeit, mich den Jungen und dem blinden Schaf zu widmen. Und Freundschaft zu schliessen, ach sie sind zu süss. Den Gedanken an die Trennung verdränge ich noch tapfer ... 

 

Für den Samstag, 18.6. jedoch, habe ich mich angemeldet für eine Dressurmasterclass (als Zuschauerin). Ich bin gespannt, wie sie hier in Holland ausbilden und wie hier Dressurarbeit aussieht, vor allem, weil das Thema des Tages «Versammlung ohne Druck» war. Die Niederländer sind nicht gerade bekannt dafür, ohne Druck zu reiten, im Gegenteil, leider.

Der Tag war, naja wie soll ich sagen, sehr ernüchternd. Was die hier als «achso moderne, neue» Reitlehre verkaufen, habe ich vor 30 Jahren schon umgesetzt. Der Reitlehrer war sehr engagiert und hat sicher auch viel Fachwissen, die Reiter jedoch ausser eine auf einem nicht sehr tiergerechten Ausbildungsstand. Lustigerweise ritt die Dame auf einem dicken, bunten Pony mit Nähmaschinengängen am schönsten. Und die Dame mit dem besten Pferd, einem richtigen «Ferrari», war nach 5 Minuten knallrot vor Anstrengung und fiel fast aus dem Sattel, eine Katastrophe. An diesem Tag war es supermegaheiss und in der Halle auch noch sehr feucht, da der Boden ständig gewässert wurde. Es war kaum aushaltbar, sogar für mich. Die Fahrt dorthin war allerdings entspannend, auch dort (rund um Leerdam) ist eine wunderschöne Gegend mit viel Grün und Wasser.

Am Sonntag erlebe ich dann sozusagen das absolute Kontrastprogramm. Es ist kalt – 16° - Regen, und es ist Militaryconcours ums Eck. Da gehe ich natürlich zuschauen und benützen den Mittagsspaziergang für einen Ausflug an die Rennstrecke. Wow, sehr beeindruckend, diese Pferde, dieser Mut der Reiter, über diese riesigen, festen Hindernisse zu springen und da auch noch in einem rasanten Tempo … Hut ab!   

Die letzte Woche vor der Heimfahrt verbringe ich wieder viel vor dem PC, geniesse meine Sonnenterrasse als Büro und das Wetter wird auch immer schöner (und heisser). Ich freue mich auf den Samstag, da darf ich mit Willemiek und Paige an die Fohlenkörung - das Fohlen von Charlie, Tommy genannt, wird gezeigt und soll bewertet werden. Ich bin gespannt, wie so etwas abläuft und habe mich sehr gefreut, dass Willemiek mich gefragt hat, ob ich mitfahren möchte. 

Wir drei und die Ponys sind ab dem Mittag unterwegs, die Körung ist nicht weit entfernt. Paige fährt und das Verladen ist sehr problemlos. Die Körung findet auf einem Grasplatz statt und wir fragen uns, ob Tommy da wohl nicht eher das Weite suchen wird ...? Hmm ... Naja, mal ausladen und schick machen, dann warten wir eine Weile. Tommy hat die Startnummer eins, allerdings fängt die Körung mit Verzögerung an. Wir warten auf die Profi-Vorführer, die irgendwann gemütlich angelaufen kommen. Das Mädel, das die Ponys vorführt, ist zwar zu spät, macht ihre Sache jedoch ganz gut. Tommy zeigt sich von der besten Seite und trabt - nein schwebt - über den Grasplatz. So cool! So ein schönes Fohlen! Wir sind alle superstolz auf ihn und auf sein tolles Benehmen. Er bleibt sogar im Viereck und bei seiner Mama und lässt sich auch brav wieder einfangen. Und - er wird mit der ersten Prämie ausgezeichnet, das Beste, was ein Fohlen holen kann. Super!

Der Tag war gemütlich, gesellig und hat mir weiter das Gefühl gegeben, an diesem Ort irgendwie "angekommen" zu sein. 

 

Umso schwerer fällt mir natürlich am Sonntag der Abschied ... Die Rückreise in die Schweiz steht an, und mir wird das Herz schwer beim Abschied von allen Tieren, vor allem von Pablo und Dark. Mit dem guten Gefühl, dass sie ihre drei Monate hier in Freiheit geniessen werden und gut betreut sind, mache ich mich auf die Heimreise. Die unerwartet lange dauert, aaaahhh!!!! 9 Stunden anstelle der angegebenen 7 Stunden! Naja, egal, ich und Sandor sind gut angekommen und freuen uns mega, Antonio und Rossolino wieder in die Arme schliessen zu können. Und auf unsere Zeit hier mit all den lieben Menschen, die ich in Holland vermisse.

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