5.2.22

Gestern Regen heute Sonne, ach wie schön. Irgendwie habe ich heute absolut keine Lust auf drinnen sitzen und Computer, also entscheide ich mich nach dem Morgenstall ganz spontan, nach Ferwert zu fahren. Warum Ferwert? Erstens ist es an der Nordsee und ich freue mich schon lange, wieder mal die Nordsee zu sehen, und zweitens habe ich dort schon seit langer Zeit ein Haus ausgeschrieben gesehen, dass mich anspricht. Ich packe also Hund und etwas Proviant ein und fahre los, bis zum Ziel sind es 2 Stunden Fahrt. Diese Fahrt durch die endlos scheinenden Weiden von Holland geniesse ich total, sauge alle Eindrücke auf wie ein Schwamm und freue mich ab der Abwechslung. Heute fahre ich etwas weiter nördlich als das letzte Mal und komme auch bei Sneek und weiteren Ortschaften vorbei, die wir im letzten Sommer mit dem Boot bereist haben. Heute allerdings fahre ich über die Kanäle auf der Autobahn, welche wir unten durch passiert haben, und die Autos auf der Autobahn für die Schiffe warten mussten. Oder ich fahre unter den Aquädukten durch, die wir mit dem Boot darüber passiert haben. Welch wunderbaren Erinnerungen!

Bis Leeuwarden kenne ich die Strecke noch ein bisschen von meinen vielen Besuchen an der Hengstkörung zu den Zeiten, als ich noch voll in der «Friesenpferde-Szene» war. Danach ist auch mir das Land unbekannt, es ist sehr weitläufig, fast etwas rauher als im Süden und wunderschön. Ferwert liegt ganz oben im Norden, gegenüber der Insel Ameland, und auf einem Foto sieht man im Hintergrund die Fähre nach Ameland. Das Gebiet um die Dörfer ist abgeschottet von der Nordsee mit einem riesigen Deich, und hinter dem Deich befindet sich die Wattensee, ein Naturschutzgebiet, das sogar Unesco-Weltkulturerbe ist.

Ich stelle mein Auto irgendwo ab, klettere auf den Deich (ok, klettern ist etwas zuviel gesagt, ich laufe den Weg entlang noch oben) und staune ab dem riesigen Gebiet des Naturschutzes. Der Deich ist saftig grün, bedeckt mit Weiden, auf denen sich im Sommer wohl die Schafe tummeln. Danach ist das Land immer wieder mit Riet bedeckt und zu grossen Teilen auch unter Wasser, ein ideales Brutgebiet für allerlei Vögel und somit extrem interessant für Ornithologen. Ich wandere dem Deich entlang zum «Terp van de Takomst» - Dem Hügel der Zukunft – und bestaune, dass die Friesen so einen Erdhaufen als Touristensehenswürdigkeit einstufen.

 

Es ist heute extrem windig – ich kann die Jacke nur anziehen, wenn ich mich mit dem Rücken gegen den Wind stelle 😊 – und ich finde es etwas ungemütlich hier für einen Spaziergang, da ich Sandor an die Leine nehmen muss wegen den Vögeln. Also weiter geht die Fahrt, ich suche mir als nächstes Ziel St. Jacobiparochie aus. Auch dort habe ich mal ein Bauernhaus mit Reitstall ausgeschrieben gesehen, und zudem hätte ich in diesem Stall Dark für meine Auszeit jetzt unterbringen können. Friesland wäre die Alternative zum Gelderland gewesen und ich habe hier eben diesen Stall gefunden sowie ein kleines Ferienhäuschen auf einer Bauernhofanlage in der Nähe des Stalles, um meine Auszeit hier zu verbringen. Allerdings habe ich mich dann dagegen entschieden, da ich 1. Dark nicht direkt neben mir gehabt hätte, hätte also zum Misten und Reiten immer hin- und herfahren müssen, und 2. hätte er hier nicht auf die Weide dürfen. Und so eine 3x3 Meter grosse Boxe 23 Stunden am Tag, das wollte ich ihm dann doch nicht antun. So wie es scheint, die beste Entscheidung, denn ich stelle fest, während ich dem Deich entlangfahre, dass es hier sehr wenige Wege zum Reiten gibt. Und die Landschaft zwar schön, schlussendlich jedoch auch etwas eintönig ist. Meer, Deich, Felder, basta.

Und genau deshalb kommen diese beiden Häuser hier oben auch nicht in Frage, und auch alle weiteren Häuser in dieser Gegend wohl nicht. Es ist zwar wunderbar einsam hier oben im Norden, die Häuser haben alle viel Land und viel Platz rundherum, nur für aktive Pferdefreunde, die auch mal länger ausreiten gehen wollen, ist die Gegend nicht ideal. Und an den Strand kann man hier auch nicht, der Deich ist zwar begehbar, aber mündet dahinter wie beschrieben im Landschaftsschutzgebiet = Modder, Schlick, Watt. Kein Strand.

Also, weiter geht die Fahrt, der engen Strasse dem Deich entlang. Die Strasse ist nicht mehr als ein geteerter Feldweg und ich muss gut aufpassen, dass ich nicht von der Strasse abkomme, denn das Land neben der Strasse ist unter Wasser und sehr tief. Mein armer Alfa würde da wohl bald an seine Grenzen stossen … Sogar beim Fahren merke ich den Wind. Das nächste Ziel ist Westhoek, wo ich nochmals aussteige und dem Deich entlang laufe. Eigentlich habe ich gehofft, ein «stilles Örtchen» zu finden, denn so langsam meldet sich die Blase, und als Ungeimpfte darf ich nicht in ein Restaurant. Tja, hier hat es weit und breit keine Bäume, kein Sichtschutz … Mist. Dank des windigen Wetters hat es aber auch wenig Touristen und ich erwische einen Moment, wo ich ganz alleine bin. Dann schnell wieder rein in das Auto und weiter Richtung Harlingen.

 

Da war ich vor langer Zeit mal und ich habe mir sagen lassen, dass es eine schöne Ortschaft ist. Ja ist es, von hier legen die Fähren nach Terschelling und Vlieland ab. Obwohl das Städtchen gemütlich scheint und mit einer kleinen Einkaufsstrasse lockt, habe ich keine Lust zum Lädele und fahre weiter zum Strand. Ich will endlich Strand, Nordsee, Sand unter den Stiefeln! Es hat bei Harlingen einen kleinen Strand, ich nehme Sandor an die Leine und wir klettern über den Deich zum Strand. Naja, der Strand ist sehr klein, egal, ich laufe ihn einmal hin und einmal her, so ist wenigstens Sandor wieder mal draussen gewesen. Er düst rum und rennt auf alle anderen Hunde zu wie ein Pfeil, und da es so windet, kann ich schreien so viel ich will, er hört mich nicht. Na egal, der Spass sei ihm gegönnt, er rast mit den anderen Hunden rum und ich geniesse die Aussicht auf die sehr rauhe Nordsee. Die Gischt spritzt und ich erinnere mich wieder an die Segeltour mit Leen. Dort hatten wir zum Teil auch so rauhe See und waren mit unserer Nussschale unterwegs, ach wie schön waren diese Zeiten (als ich dann die Tablette gegen die Seekrankheit entdeckt hatte). 

Es dunkelt langsam ein und wir machen uns auf den Heimweg. Da ich nun in Harlingen bin, fahre ich eine andere Strecke retour, über Zurich 😊, Sneek, Lemmer nach Zwolle, eine ganze lange Zeit über eine Nationalstrasse und keine Autobahn. Es hat immer noch recht wenig Verkehr und die ganze Fahrt über schaue ich wieder neugierig auf die Landschaften. Es fängt schlussendlich an zu regnen und als wir ankommen, ist es auch dunkel. Das war ein spannender Tag und ich habe heute viele Eindrücke mitgenommen. Hungrig und müde mache ich mir und Sandor mal was zu Essen, versuche die Eindrücke zu sortieren und zu verdauen und gehe dann früh schlafen, so viel Neues aufzunehmen macht müde. 

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